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Elektroautos: «Zukunftshoffnung» seit 125 Jahren: Muttenzer Pantheon widmet Ausstellung einer Technologie

Medienmitteilung

Die «La Jamais Contente» von 1899 revolutionierte den Automobilbau nicht nur wegen ihres Batteriebetriebs und der Höchstgeschwindigkeit von 105,8 km/h, sondern auch wegen ihrer Stromlinienform. © ZVG/Urs Gautschi

Zeitungsartikel
von Bojan Stula — bz Basellandschaftliche Zeitung • 24.4.2018 um 04:00 Uhr

«Zukunftshoffnung» seit 125 Jahren: Muttenzer Pantheon widmet Ausstellung einer Technologie – Baselland – Basel – bz Basellandschaftliche Zeitung

Die 22. Sonderausstellung im Muttenzer Oldtimer- Pantheon ist anders als ihre Vorgänger.

Eigentlich ist die neue Sonderausstellung im Muttenzer Pantheon zutiefst deprimierend. Denn letztlich ist sie eine Dokumentation der verpassten Chancen. «Unter Strom» zeigt auf, wie das Elektroauto in der Schweiz trotz guter Ansätze nie über den Status einer grossen Tüftelei hinausgekommen ist. Und das seit 125 Jahren. Eine «permanente Zukunftshoffnung» nennt Pantheon- Patron Stephan Musfeld diesen Umstand im Katalog.

Ideenreiche Ingenieure und Hersteller hätte es genug gehabt: SIG, Tribelhorn, Oehler oder Mowag ab 1900 sowie Twike, Horlacher, Biketech oder Kyburz an der Schwelle zum 21. Jahrhundert sind ihre Namen. Alle haben eigene E-Projekte vorangetrieben und die unterschiedlichsten Fahrzeuge gebaut. Viele als Transport- und Gebrauchsfahrzeuge, einige zum Personentransport. Manche sogar in Serienreife. Der Durchbruch im Publikumsmarkt ist ihnen samt und sonders verwehrt geblieben. Wenn heute über die umfassende Ablösung des Verbrennungsmotors als Autoantrieb spekuliert wird, dann denkt man zuerst an Tesla in Kalifornien – und nicht an Horlacher in Möhlin.

Dabei wäre das Wasserschloss Schweiz mit dem Strom als einzigem echten Rohstoff prädestiniert für eine weltweite Führungsrolle gewesen. «Der Durchbruch scheiterte an der begrenzten Reichweite der Batterien», stellt indes Daniel Geissmann fest, der Sammlungsleiter des Schweizer Verkehrshauses in Luzern. «Noch heute liegt der Fokus der Forschung auf leichteren und leistungsfähigeren Batterien.» Zudem taxiert Geissmann die «emotionale Vermarktung von Elektrofahrzeugen als ungenügend»; dies bis auf den heutigen Tag.

Das Verkehrshaus zu Gast

Ebendieses Verkehrshaus ist verantwortlich dafür, dass die jüngste Sonderausstellung im Muttenzer Oldtimermuseum anders daherkommt als gewohnt. Denn eigentlich ist es eine Ausstellung des Verkehrshauses, die im Pantheon gezeigt wird. Laut eigenen Angaben wurde am Sitz der nationalen Verkehrsmittelsammlung seit der Eröffnung 1959 die Geschichte der elektrisch betriebenen Strassenfahrzeuge umfassend und systematisch au$ereitet. Inzwischen ist diese Sammlung auf 6000 Objekte und Archivalien angewachsen, vom kompletten Fahrzeug bis zur Blaupause und Herstellerbroschüre. In Muttenz wird nun erstmals überhaupt die Geschichte des «Accumobils» in einer Übersichtsausstellung präsentiert. Sowohl Musfeld wie Geissmann sehen darin den geglückten Ausdruck der jahrelangen, engen Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen.

Zwar liegen die Anfänge des Elektromobilbaus im Ausland. Die zigarrenförmige «Jamais Contente», die «niemals Zufriedene», wurde kurz vor der Jahrhundertwende in Frankreich konstruiert und knackte als erstes Automobil überhaupt die 100-km/h-Marke. Im Pantheon ist eine Replika aus der Sammlung Schlumpf in Mulhouse zu sehen. Aber schon im Jahr 1902 baute der St. Galler Maschinenschlosser Albert Tribelhorn in Olten den «Benjamin», den ersten Elektro-Personenwagen aus heimischer Produktion. Auch in den weiteren Jahren sorgte er mit seinen Entwürfen für Aufsehen, so mit dem Gästeomnibus «Mathilde» des Hotels Schweizerhof in Luzern, dem Prunkstück der aktuellen Ausstellung.

Aber bereits 1922 war Schluss mit der Herrlichkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Benzinmotor zum Massenprodukt ab Fliessband, die Ölindustrie immer mächtiger, und Tribelhorn machte mit seiner Firma Pleite. Die zahlreichen Nachfolger gingen mit unterschiedlichem Erfolg zu Werke. Am nachhaltigsten werden heute die E-Bikes der Marke «Flyer» von der Öffentlichkeit als einheimisches Erzeugnis wahrgenommen – obschon die Herstellerfirma Biketec vergangenes Jahr nach Deutschland verkauft worden ist.

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